Fisch ist nicht gleich Fisch
16.12.2022

Weihnachten steht unmittelbar vor der Tür und damit die Planung des Festessens. Traditionell kommt in vielen österreichischen Haushalten Fisch auf den Tisch. Hoffnung für Fischallergiker, die auf dieses Festmahl verzichten müssen, gibt eine Studie der MedUni Wien. Ein Forschungsteam hat bereits 2018 gezeigt, dass Knorpelfische eher toleriert werden als die weitaus häufiger verzehrten Knochenfische wie Kabeljau, Makrele, Hering oder Schwertfisch und damit das strikte Meiden von allen Fischarten nur bei wenigen Fischallergikern tatsächlich notwendig ist. Allerdings fehlten bislang verlässliche Tests, um herauszufinden, welche Arten individuell vertragen und gegessen werden können. In ihrer aktuellen Studie weisen die Forscher ein neues Diagnoseverfahren als zielführend nach. Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten „Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice“ publiziert.

Um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen, schlossen die Wissenschafter um Heimo Breiteneder vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien sowie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der IGAV und Tanja Kalic von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Probanden aus sechs verschiedenen Ländern in ihre Studie ein. Schließlich bestehen große regionale Unterschiede in der Arten- und Allergenvielfalt der verzehrten Fische sowie in der Zubereitungsart, die sich auf die Stabilität des Haupt-Fischallergens (Parvalbumin) auswirkt.

In Zusammenarbeit mit Forschern aus Österreich, China, Dänemark, Luxemburg, Norwegen und Spanien sowie dem Industriepartner MacroArray Diagnostics, der auf die Diagnostik von Allergien spezialisiert ist, wurden die Blutproben von 263 Patienten mit klinisch bestätigter Fischallergie analysiert. Der dabei angewandte Test, mit dem die Konzentration von IgE-Antikörpern gegen zehn Fischarten (9 Knochen- und 1 Knorpelfisch) gleichzeitig gemessen wird, erwies sich bei den Patienten als zielführendes Instrument für die Unterscheidung von allergieauslösenden und tolerierten Fischarten. „Wir empfehlen aber, dass der Multiplex-IgE-Test nicht nur Parvalbumin, sondern auch Extrakte verschiedener Knochen- und Knorpelfische umfasst“, betont Studienleiter Heimo Breiteneder. Mit der Ergänzung durch Fischextrakte können potenzielle Reaktionen auf weitere, weniger häufig erkannte Allergene getestet werden.

Häufige Toleranz von Knorpelfisch

Mit Hilfe dieses Verfahrens wurden bis zu 90 Prozent der Patienten negativ auf Knorpelfisch (z.B. Rochen, Hai) getestet, was auf eine mögliche Verträglichkeit hinweist: „Wird bei Patienten in diesem Testverfahren kein allergieauslösendes IgE für eine oder mehrere Fischarten nachgewiesen, so muss dieses Ergebnis noch durch einen Provokationstest im kontrollierten klinischen Setting abgesichert werden“, ergänzt Heimo Breiteneder und warnt Fischallergiker vor einem Selbstversuch. Die Fischallergie gilt als eine der gefährlichsten Nahrungsmittelallergien, da sie oft zu lebensbedrohlichen Symptomen wie zu einem anaphylaktischen Schock führt. Um das zu verhindern, wird Betroffenen der strikte Verzicht von Fisch empfohlen.

Mit dem nun erforschten Diagnoseverfahren könnte nicht nur Fischallergikern zu einem umfangreicheren Speiseplan verholfen werden, denn der Ansatz kann laut den Forschern auch für andere Nahrungsmittelallergene anwendbar sein und dazu beitragen, potenziell verträgliche Lebensmittel zu identifizieren. Multiplex-IgE-Tests mit Fischallergenen und -extrakten werden in spezialisierten Allergiezentren bereits durchgeführt.

Publikation: Tanja Kalic, Annette Kuehn, Martina Aumayr, Joan Bartra, Carsten Bindslev-Jensen, Françoise Codreanu-Morel, Olga Domínguez, Peter Forstenlechner, Wolfgang Hemmer, Sandip D Kamath, Agnes Leung, Nicki Leung, Yuri Lifanov, Charlotte G Mortz, Mariona Pascal, Robin Ristl, Martin Sørensen, Öykü Üzülmez, Lusine Yeghiazaryan, Gary Wong, Christine Hafner, Heimo Breiteneder. Identification of potentially tolerated fish species by multiplex IgE testing of a multinational fish-allergic patient cohort. The Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice. doi.org/10.1016/j.jaip.2022.08.019"