Allergie gegen Biene & Wespe
11.05.2016

Rund 300.000 Österreicher sind schwer allergisch gegen das Gift einer Biene oder Wespe – viele von ihnen landen deswegen in der Notaufnahme und immer wieder sterben auch Menschen. Bleibt die allergische Hautreaktion auf die Einstichstelle begrenzt, ist das noch kein Grund zur Sorge oder für einen Arztbesuch. Bedrohlich wird es, wenn der Hautausschlag nicht nur lokal, sondern am ganzen Körper auftritt und/oder es zu Schwellungen im Gesicht oder Hals, Kribbeln an den Handflächen und Fußsohlen, Übelkeit, Atemnot, Schwindel oder Herzrasen kommt. Im schlimmsten Fall kann sich die allergische Reaktion binnen weniger Minuten bis zum lebensbedrohlichen Kreislaufschock ausweiten. Allergiker müssen daher ihre Notfallmedikamente, allen voran einen Adrenalin-Autoinjektor, der den Kreislauf rasch stabilisiert, immer mit sich tragen und in deren Umgang sicher sein.

 

Punktgenaue Diagnose dank molekularer Bluttests

Sobald Symptome über die lokale Hautreaktion hinausgehen, sollten sie fachärztlich abgeklärt werden. „Je genauer die Allergie-Diagnose ist, desto zielgerichteter kann dann die anschließende Therapie sein“, informiert Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer vom Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ). Daher ist es wichtig zu wissen, gegen welches Insekt und noch besser, gegen welchen Bestandteil im Insektengift der Patient genau reagiert. Hemmer: „Mithilfe biotechnologisch hergestellter Einzelallergene ist es heute möglich, schnell und ganz gezielt die allergieauslösenden Eiweiße im Insektengift herauszufinden.“ Im Gift der Honigbiene sind z.B. über 100 Einzelkomponenten bekannt. Zwölf davon gelten als Allergie-Auslöser, von denen jede einzelne für die Bienengift-Allergie verantwortlich sein könnte. Neu in der Routinediagnostik ist das rekombinant hergestellte Bienengift-Allergen „Api m 10“, das für bis zu 60 Prozent aller allergischen Reaktionen bei einem Bienenstich verantwortlich ist. Bis Ende des Sommers werden weitere molekulare Bienengift-Tests zur Verfügung stehen.

 

AIT wirkt praktisch immer

So gefährlich eine Insektengift-Allergie ist, so gut kann sie aber auch behandelt werden. Die medizinische Leitlinie zur Diagnose und Therapie einer Bienen- und Wespenstich-Allergie empfiehlt einen mehrstufigen Plan:

• Allergenvermeidung, wie z.B. nie barfuß im Gras gehen, im Freien eher helle Kleidung und auch keine weiten Kleidungsstücke tragen etc.

• Akute allergische Reaktionen symptomatisch behandeln (Anwendung der Notfallmedikation)

• Die allergen-spezifische Immuntherapie (AIT) als langfristige Therapie

Mit der seit vielen Jahren bewährten allergen-spezifischen Immuntherapie (AIT) steht eine Behandlungsoption zur Verfügung, die an der Ursache ansetzt und so den Körper nachhaltig an das Insektengift gewöhnen kann. Die Erfolgsrate liegt bei Bienenstichen bei mehr als 85 Prozent, bei Wespenstichen sogar bei 95 Prozent. „Kaum eine andere medizinische Therapie kann einen derart guten Wirkungsnachweis erbringen“, betont Assoz.Prof. Dr. Gunter Sturm, stv. Leiter des Allergieambulatoriums am Reumannplatz und Leiter der Forschungsgruppe Klinische Allergologie an der Univ.-Hautklinik Graz. „Zusätzlich verbessert diese Sicherheit nachweislich die Lebensqualität der behandelten Patienten, indem sie die permanente Angst vor dem Stich nimmt.“

Im Zuge dieser Behandlung wird der Allergie-Auslöser, also das Bienen- oder Wespengift, in anfangs steigender Dosierung in den Oberarm injiziert. Der Körper gewöhnt sich nachhaltig an das Insektengift, wodurch die allergische Reaktion ausbleibt oder zumindest deutlich schwächer ausfällt. Mittels Schnellschema kann die Therapie auch kurz vor oder sogar während der Saison begonnen und ein sicherer Schutz aufgebaut werden. Sturm: „Die WHO empfiehlt die Behandlung ausdrücklich auch für Kinder. Sie dauert in Summe drei bis fünf Jahre, die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.“