Nahrungsmittel Intoleranz

Jeder dritte Österreicher klagt über eine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit, die nicht immunologisch bedingt ist, sondern meist durch einen Enzymmangel verursacht wird. Dadurch können Nahrungsmittel-Bestandteile nicht abgebaut werden. Generell spielt bei Intoleranzen immer auch Histamin eine Rolle. Das ist der Grund, weshalb die Beschwerden häufig mit denen einer Allergie verwechselt werden. Intoleranzen sind zwar sehr unangenehm, werden aber in der Regel nicht zu einer ernsten Bedrohung wie bei einer Allergie. Dazu sind sie (anders als bei Allergien) auch dosisabhängig – je mehr, desto schlechter geht es den Betroffenen. Die Menge macht also das „Gift“.

Die Behandlung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Diät, bei der unverträgliche Speisen bzw. Inhaltsstoffe vermieden werden.

Fruktose- und Laktose-Intoleranz

Die häufigste Form der Intoleranzen ist die Fruchtzucker-Unverträglichkeit, die im Grunde das Resultat einer gesunden, obstreichen Ernährung ist. Dabei kann Fruchtzucker nicht vollständig verdaut werden. Die Beschwerden sind vielfältig: Blähungen, Durchfälle, eventuell auch Verstopfungen, typischerweise Heißhunger auf Süßes und fallweise depressive Verstimmungen. 

Laktose-Intoleranz

Bei einer Unverträglichkeit gegen Milchzucker herrscht ein Mangel am Enzym Laktase. Damit Milchzucker verdaut werden kann, muss er durch das Enzym Laktase gespalten werden. Fehlt dieses Verdauungsenzym oder wird es in bestimmten Situationen (z.B. bei und nach Magen-Darm-Infektionen) nur vermindert oder unzureichend produziert, können die Zuckerstoffe nicht zur Verwertung ins Blut aufgenommen werden, sondern gelangen unverdaut in den Dickdarm. Dort dienen sie den angesiedelten Bakterien als Nahrung, die große Mengen an Gasen und organischen Säuren produzieren. Beschwerden der Laktose-Intoleranz sind daher meist auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt: Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall, Übelkeit.

Milchzucker ist in jeder Milch enthalten. Ein Umstieg auf z.B. Ziegen- oder Schafmilch ist somit auch nicht hilfreich. Auch Milch-Trockenprodukte und Milchspeisen wie z.B. Pudding oder Vanillesauce können bei Laktoseintoleranz ein Problem darstellen und auch Fertigsaucen, Backwaren wie Milchstriezel oder Kekse enthalten (abhängig vom Rezept) Milchzucker. In Medikamenten stellt Laktose übrigens aufgrund der geringen Menge faktisch nie ein Problem dar.

Laktosegehalt von Milchprodukten (abgesehen von Milch)

  • Schlagobers (hoch)
  • Sauerrahm (hoch)
  • Molke (hoch)
  • Joghurt (eher gering)
  • Frischkäse (gering)
  • Butter & Hartkäse (kaum)

Tipp: Höher fermentierte Produkte haben weniger Laktosegehalt!

Histamin-Intoleranz

80% der Betroffenen sind Frauen ab 40, wodurch der Verdacht naheliegt, dass Veränderungen im Hormonhaushalt eine Rolle spielen.

Histamin ist eine biologisch hochpotente Substanz, die im Organismus eine Fülle von erwünschten aber auch unerwünschten Reaktionen auslöst. So ist es z.B. an der Magensäure-Produktion beteiligt, erweitert die Gefäße, hat Einfluss auf den Wach-Schlaf-Rhythmus und wird mit verbesserter Lernfunktion in Zusammenhang gebracht. Histamin wird vom Menschen selbst produziert, in Blut- und Gewebszellen gelagert und steht zur sofortigen Freisetzung jederzeit zur Verfügung. Es kann allerdings auch von außen in den Körper gelangen: einerseits durch Einatmen (z.B. Pollen) oder durch die Aufnahme von Speisen und Getränken. Histamin ist in fast jedem Lebensmittel enthalten, v.a. in jenen, an deren Erzeugung und Reifungsprozess Mikroorganismen beteiligt sind. Der Histamingehalt kann je nach Sorte, Reifegrad, Haltbarmachung und Lagerdauer stark schwanken. Frische Lebensmittel (mit Ausnahme von Früchten) enthalten in der Regel weniger Histamin.

Die wichtigsten histaminhältigen Nahrungsmittel

  • Alkoholische Getränke (insbes. Rotwein)
  • Käse (insbes. Hartkäse wie Emmentaler)
  • Schokolade (Kakao-hältige Nahrungsmittel)
  • Salami und Rohwürste
  • Nüsse 
  • Tomaten
  • Sauerkraut
  • Spinat
  • Erdbeeren, Zitrusfrüchte
  • Fisch
Käse   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Emmentaler < 10 - 500 (2500)
Bergkäse < 10 - 1200
Parmesan < 10 - 580
Gauda, Edamer, Stangenkäse < 10 - 200 (900)
Tilsiter, Geheimratskäse, Butterkäse < 10 - 60
Österr. Blau- u. Grünschimmelkäse < 10 - 80
Camembert, Brie < 10 - 300 (600)
Schlosskäse, Romadour < 10 - 100
Quargel < 10 - 50 (390)
Frischkäse, Topfen   0
Rohwürste/Rohschinken   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Salami < 10 - 280
Cervelatwurst, Kantwurst < 10 - 100
Osso Collo, Westfäler Schinken < 10 - 300
Frischfleisch < 1
Fisch/Fischprodukte   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Fisch fangfrisch   0
Frischfisch verdorben < 13000
Tiefkühlware   0 - 5 (<50)
Vollkonserven (zB Thunfisch)   0 - 15 (300)
Gemüse   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Tomaten (Ketchup)   22
Spinat   30 - 60
Avocado   23
Melanzane (Aubergine)   26
Sauerkraut   10 - 200
Essig   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Rotweinessig   4
Alkoholische Getränke   von – bis (max.) Histamin (mg/kg)
Rotwein < 3,8
Österr. Rotweine   0,06 – 0,6 (1,1)
Österr. Weißweine   0,01 – 0,12
Sekt   0,015 – 0,08
Champagner   0,67
Bier   0,025 – 0,05
Weizenbier   0,12 – 0,3
alkoholfreies Bier   0,015 – 0,04

Ungleichgewicht Diamin-Oxidase und Histamin

Histamin wird im Organismus durch das Enzym Diamin-Oxidase (DAO) abgebaut, das vom gesunden Menschen kontinuierlich produziert wird. DAO ist hauptsächlich im Dünndarm, Leber, Nieren und in den weißen Blutzellen, bei Schwangeren zusätzlich in der Plazenta, zu finden. DAO Diamin-Oxidase ist ein empfindliches Enzym, das von verschiedenen Substanzen wie Alkohol sowie diversen Medikamenten gehemmt werden kann.

Liegt nun ein Mangel der Histamin abbauenden Diamin-Oxidase oder ein Missverhältnis zwischen Histamin und DAO vor, spricht man von einer Histamin-Intoleranz. Symptome treten auf, wenn der Organismus mit mehr Histamin belastet wird, als er abbauen kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob der erhöhte Histaminspiegel aus Nahrungsmitteln stammt oder vom Körper selbst gebildet wird. Häufigste Beschwerden eines zu hohen Histaminspiegels sind Kopfschmerzen, Hitzegefühl, Gesichtsrötung, verlegte oder rinnende Nase, Magen-Darm-Beschwerden (z.B. flauer Magen, Magenschmerzen, Blähungen, weicher Stuhl, Durchfall), Müdigkeit, niedriger Blutdruck (Hypotonie), Herzrhythmusstörungen, Atembeschwerden und Asthmaanfälle.

Buchtipp

Histaminintoleranz. Histamin und Seekrankheit, 3. Auflage
Reinhart Jarisch
Thieme Verlag, ISBN 978-3-13-105383-1